Women's Organisation for World Order (WOWO), AfA2593

Women's Organisation for World Order (WOWO), AfA2593

Organisationsgeschichte, histoire de l'organisation

Die Women's Organisation for World Order (WOWO) wurde im September 1935 in Genf gegründet. Zu den Initiantinnen gehörten Askanasy-Mahler, Anna Helene (1893-1970)--DB9326, Hoerup, Ellen (1871-1953)--DB12123, Wägner, Elin (1882-1949)--DB3699 und Harand, Irene (1900-1975)--DB12827. Die meisten der Initiantinnen waren Mitglied bei der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF). Die WOWO gründeten sie, weil sie Teile ihrer Anliegen wie das Postulat einer Weltregierung und einer international durchzuführenden Geburtenkontrolle innerhalb der IFFF nicht realisieren konnten.

'Frauen sind den Männern vollkommen ebenbürtig' heisst es im Programmentwurf, der am Genfer Kongress diskutiert wurde. Und: 'Sämtliche Berufe und Stellungen müssen Frauen im gleichen Masse erreichbar sein wie Männern, einschliesslich der Stellung eines Staatsoberhauptes, damit die andersgearteten Fähigkeiten und Begabungen der Frauen auf allen Gebieten zum Ausdruck kommen können'. Auch eine Begrenzung der Souveränität der Nationalstaaten durch den Völkerbund, eine Abrüstung und eine stärkere Mitwirkung der Frauen in den Justizsystemen wurden verlangt. In der Möglichkeit zur Geburtenregelung sah die WOWO zudem eine Grundvoraussetzung für eine 'freie Mutterschaft'. Zu den Teilnehmerinnen am Genfer Kongress gehörte auch Thommen, Elisabeth (1888-1960)--DB9333, die als Journalistin zur Berichterstattung angereist war, aber den Kongress dann als Aktivistin verlies. Am Kongress ebenfalls teilgenommen hat Anneler, Hedwig (1888-1969)--DB10246. Zu den Mitgliedern der WOWO gehörte aus der Schweiz auch Woker, Gertrud Johanna (1878-1968)--DB4873.

Der zweite WOWO-Kongress fand 1936 in Salzburg statt. Mit Tamm, Elisabeth (1880-1958)--DB12572 nahm eine Gutsbesitzerin und ehemalige Parlamentsabgeordnete aus Schweden teil, die über das Thema Landreform referierte. Die Forderung nach einer 'Grund- und Bodenreform, welche die Spekulation' ausschliesse, 'aber die beste Kultivierung des Bodens' ermögliche, enthielt schon das 1935 in Genf entworfene Programm. Am dritten Kongress, der 1937 in Bratislava durchgeführt wurde, rückte die Agrarfrage schliesslich ganz ins Zentrum der Diskussionen der WOWO. Als Hauptreferentin dabei war die Bäuerin Hofstetter, Mina (1883-1967)--DB1638 aus der Schweiz, die für eine Ernährungsreform und eine viehlos betriebene biologische Landwirtschaft plädierte.

Wegen der Gefährdung der jüdischen Mitglieder konnte die vierte WOWO-Tagung im Sommer 1938 nicht, wie vorgesehen, in Den Haag stattfinden. Die Zusammenkunft wurde stattdessen nach Luzern verlegt und als 'harmlose Zusammenkunft von an landwirtschaftlichen Fragen interessierten Frauen' deklariert, um keine Beobachtung durch die Fremdenpolizei auszulösen. Für die Organisation der Mitte Juli im Waldstätterhof, einem Hotel des Schweizerischen Gemeinnützigen Frauenvereins, stattfindenden Tagung zuständig war Elisabeth Thommen. Ausländische Delegierte wie Anna Helene Askanasy-Mahler, Elin Wägner und Gate, Flory (1904-1998)--DB9329 nutzten den Aufenthalt in der Schweiz, um vorgängig die 'Lehrstätte für biologischen Landbau' von Mina Hofstetter in Ebmatingen am Greifensee zu besuchen. An der Zusammenkunft in Luzern konnte das in Bratislava überarbeitete Programm nicht, wie geplant, zu Ende beraten und verabschiedet werden. Denn die Konferenz wurde spontan zu einem 'Gegenpol' der 'reinen Männerkonferenz' von Evian, die ein paar Tage zuvor, am 6. Juli, begonnen hatte, umgeformt. Unter dem Eindruck, dass die Versammlung von Evian nicht die Flüchtlinge, sondern die Regierungen vor den Flüchtlingen schützen wollte, nannte sich die WOWO in Luzern vorübergehend in 'International Women's Emergency Committee' um. Zudem reisten zwei WOWO-Delegierte an den Lac Léman, um aus erster Hand über die Beratungen der 'exklusiven Männerrunde' zu berichten. Sie meldeten nach Luzern, Evian sei 'eine Beratung der Regierungen vieler Länder, die sich vor den Flüchtlingen schützen, aber nicht den Flüchtlingen Hilfe bringen' wollten. Daraufhin verabschiedeten die in Luzern versammelten WOWO-Frauen eine Botschaft an die Konferenzteilnehmer von Evian, in der sie u.a. 'die Öffnung der Grenzen aller Länder der Erde' forderten, die für sich 'den Anspruch auf Kultur und Moral' erhoben. Es gebe 'keine illegalen Flüchtlinge', es gebe 'nur illegale Verfolger', heisst es in der Stellungnahme weiter. Deshalb, so die WOWO weiter, gelte es nun, eine 'neue Weltordnung' zu ersinnen, 'welche endlich statt Raubbau an Natur und Menschen, statt Kampf gegen die Natur, ein Erfüllen der Naturgesetze' bringe. Diese Botschaft wurde von Irene Harand nach Evian gebracht. Mit der Begründung, dass sie im Namen der Frauen und Kinder spreche, die zwei Drittel der Flüchtlinge ausmachten, verschaffte sich Harand, obwohl nicht eingeladen, Zutritt zur Versammlung und verlas das Schreiben der WOWO in drei Sprachen.

Weil Anna Helene Askanasy-Mahler und ihre zwei Töchter nach der Flucht aus Wien in der Schweiz im Frühling 1938 keine Aufenthaltsbewilligung erhielten (ihr Mann war im März 1938 von den Nationalsozialisten ermordet worden), emigrierten sie via London nach Kanada weiter. Hier wollte Askanasy-Mahler Land zur Etablierung eines Siedlungsprojekts erwerben, dessen Führung ganz in den Händen von Frauen aus dem Umkreis der WOWO liegen sollte. Als 'Haupt des Clans' und Vorsteherin des Landwirtschaftsbetriebs vorgesehen war Mina Hofstetter, die in der Folge auch einen konkreten Plan zur Umsetzung des Projekts entwickelte. Eine wichtige Rolle im Siedlungsprojekt spielen sollte auch die Schriftstellerin Elin Wägner, Mitglied des schwedischen Nobelpreiskomitees. Allerdings konnte Askanasy-Mahler diese Pläne dann nur ansatzweise realisieren – nicht zuletzt auch deshalb, weil sich Hofstetter und Wägner 1939/40 gegen eine definitive Emigration nach Kanada entschieden.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Verbindungen unter den WOWO-Mitgliedern massiv erschwert. Zudem war Askanasy-Mahler in Vancouver, wo sie sich 1939 niederliess, primär damit beschäftigt, die kanadischen Behörden von der Notwendigkeit zu überzeugen, in Europa verfolgten jüdischen Emigrantinnen die Einreise zu genehmigen. In Vancouver gründete Askanasy-Mahler das 'Seminar of International Affairs', dem Frauen aus Grossbritannien, Kanada und den USA angehörten. Sie überarbeiten das WOWO-Programm von Bratislava und schickten dieses Version nach dem Zweiten Weltkrieg den Mitgliedern der WOWO in Europa zur Vernehmlassung. An dem 1947 von der 'Entente Mondiale pour la Paix' organisierten Frauenkongress nach dem Krieg, zu dem auch Frauen aus Deutschland eingeladen waren, nahmen auch mehrere Mitglieder der WOWO teil. Ilse Langner, Alice Hemming und Anna Helena Askanasy-Mahler ergriffen im Namen der WOWO das Wort, nicht aber Mina Hofstetter, die am Kongress ebenfalls teilnahm und ihren Standpunkt darlegte. Weil sie darauf bestand, als Bäuerin, nicht als Vertreterin einer Institution zu reden, wurde ihr in der Schlussdiskussion jedoch das Wort verweigert. Denn die Kongressleitung hatte aus organisatorischen Gründen schon vorgängig beschlossen, dass in dieser Runde nur noch Vertreterinnen von Verbänden und Vereinigungen reden durften.

Trotz der Bestrebungen von Askanasy, die in Kanada als Sekretärin der 'Canada-Branch' amtierte, gelang es ihr nach dem Krieg nicht mehr, die WOWO als Organisation zu aktivieren. Das hing auch damit zusammen, dass Elin Wägner 1949 starb, Askanasy in Vancouver blieb und Mina Hofstetter sich anfangs der 1950er Jahre aus der Führung ihres Betriebs und der Öffentlichkeit zurückzog.

Mit ihrer Berufung auf die insbesondere von Bachofen, Johann Jakob (1815-1887)--DB9323 entwickelten Matriarchatsvorstellungen tendierten einzelne WOWO-Exponentinnen dazu, ihr Frausein zu essentialisieren. Gleichzeitig vermittelten sie aber das Bild einer Vergangenheit, in der Frauen über Gestaltungspotential und Macht verfügten und somit auch in der Gegenwart eigenständige Deutungsmuster entwickeln konnten. Die 'bisherige männliche Welt- und Wirtschaftsordnung' sei von Grund aus falsch, heisst es im Bericht der Luzerner Tagung, 'weil sie auch den besten und anständigsten Menschen' zwinge, wenn er existieren wolle, 'gegen seine bessere Natur Dinge zu tun, die dem inneren Gesetz von Recht und Ordnung' widersprechen würden. Deshalb, so die WOWO weiter, gelte es, 'eine neue Weltordnung' zu ersinnen, 'welche endlich statt Raubbau an Natur und Menschen, statt Kampf gegen die Natur, ein Erfüllen der Naturgesetze' bringe. Die WOWO-Exponentinnen produzierten denn auch nicht nur eine idealisierte Vorstellung von Geschichte und erhoben utopische Forderungen, sondern lieferten ihren Zeitgenossinnen auch konkrete Anregungen zur Infragestellung der männerdominierten Ordnung und des Umgangs mit der Natur, in der sie lebten. So gesehen handelt es sich bei den Frauen, die sich als Teil der 'zweiten Frauenbewegung' sahen, gewissermassen um Ökofeministinnen avant la lettre, die die 'Agrarfrage' mit der 'Frauenfrage' im Industriekapitalismus verknüpften.

Autor: Peter Moser

Archivbestand, fonds d'archives

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Website der Organisation, site internet de l'organisation

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Peter Moser, Women's Organisation for World Order (WOWO), AfA2593 .