Günthart, Alois (1880-1964)--DB1398
Person
Lebensdaten
15.03.1880-15.03.1964
Mädchenname, Herkunftsort bzw. Heimatort
Adliswil im Sihltal
Zivilstand, Konfession, Nachkommen
Verheiratet mit Günthart-Sager, Luise (-1954)--DB1402; 8 Söhne u.a. Günthart, Ernst (1917-1990)--DB1399 und Günthart-Maag, Willi (1915-1996)--DB1401; Grossvater von Günthardt, Kaspar (1946-2016)--DB4072
Soziale Herkunft, verwandtschaftliche Beziehungen
Ausbildung, berufliche Tätigkeit und Funktionen in der Öffentlichkeit
Ausbildung
Ing. Agr. ETHZ, 1901-1904 (u.a. zusammen mit Schneebeli, Meinrad (1881-)--DB4539, Sawicka, Sophie--DB3042, Bertschinger, Carl (1881-1960)--DB309 und Wunderli, Karl (1881-1961)--DB3847); Landwirtschaftliche Schule Strickhof-Zürich
Berufsausübung
Landwirt auf dem Brüederhof in Dällikon; während einiger Jahre Landwirt auf unterschiedlichen Betrieben in Österreich, u.a. auf dem Gutshof Tullhof in der Nähe von Graz
Funktionen in landwirtschaftlichen Institutionen
Zürcher landwirtschaftlicher Kantonalverein: Ehrenmitglied
Funktionen in anderen Institutionen
Funktionen in der Politik
Biographische Skizze
Alois Günthart wurde am 15. März 1880 als Sohn einer Bauernfamilie in Adliswil im Sihltal geboren. Wie sein Vater wollte er Bauer werden und besuchte deshalb nach der Sekundarschule die landwirtschaftliche Schule Strickhof-Zürich, wo er eine theoretisch-praktische Ausbildung zum Landwirt machte. Aufgrund eines Hüftleidens musste Günthart den Militärdienst aufgeben. Im Oktober 1901 begann er das Studium der Agronomie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich. Sein Diplom als Ingenieur Agronom erhielt er 1904.
Danach erwarb Günthart in der Nähe von Salzburg den Gutshof Dürr und kurz darauf auch den Gutshof Schager. In der Nähe der beiden Höfe befand sich die Schule Grabenhof, in der Schneider-Schnyder, Walter (1878-1942)--DB3204 unterrichtete und auch Güntharts spätere Frau Günthart-Sager, Luise (-1954)--DB1402 als Hauswirtschaftsleiterin tätig war. 1905 heirateten Luise Sager und Alois Günthart und erwarben in der Nähe von Graz den Tullhof. Hier konzentrierten sie sich auf die Produktion von Vorzugsmilch, d.h. hygienisch einwandfreier Milch, die von tuberkulose- und bangfreien Kühen gewonnen wurde. Abnehmer der als besonders 'gesund' geltenden Milch fanden Güntharts in der Stadt Graz. Neben der Vorzugsmilch machte auch die Gülleverteilung durch Schläuche den Tullhof und seinen Besitzer schnell bekannt.
Zusammen mit Schneiter, Fritz (1879-1970)--DB3208, Schneider-Schnyder, Walter (1878-1942)--DB3204 und Borer, Josef (1879-)--DB445 gehörte Günthart zu einer ganzen Reihe von Bauern und Agronomen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach Österreich, vor allem in die Steiermark, auswanderten.
Die Erschwerungen der Bewirtschaftung in der Steiermark während des Ersten Weltkriegs führten dazu, dass Güntharts nach Möglichkeiten suchten, um wieder in die Schweiz zurück zu kehren. 1917 verkauften sie den Tullhof und kauften als Übergang den Hof Kunaugrün bei Salzburg, den sie vier Jahre lang betrieben. 1922 kehrten Alois und Luise zusammen mit ihren mittlerweile acht Söhnen in die Schweiz zurück und erbauten 1923 in Dällikon auf dem von der Schweizerischen Vereinigung für Innenkolonisation und industrielle Landwirtschaft (SVIL) unter der Leitung von Bernhard, Hans (1888-1942)--DB297 im Furttal meliorierten Land den 'Brüederhof'. Alois Günthart engagierte sich auch in landwirtschaftlichen Organisationen. So gehörte er u.a. zu den Initianten der 1941 gegründeten Schweizerischen Vereinigung für Hanf und Flachs. In den 1940/50er Jahren setzte er sich auch kritisch-reflektiert mit dem biologisch-dynamischen Landbau auseinander, zu dessen wichtigsten Vertretern später sowohl Lienhard, Gerhard (1923-2016)--DB2158, der bei Günthart als Melker arbeitete, als auch sein Enkel Günthardt, Kaspar (1946-2016)--DB4072 wurden.
Alois Günthart publizierte zeitlebens Artikel zu landwirtschaftlichen Themen. Ähnlich wie Ineichen, Franz (1887-1953)--DB1734 vom Sentenhof in Muri (AG), der ebenfalls an der ETH Agronomie studiert hatte (und wie Günthart zu den Pionieren der künstlichen Besamung beim Rindvieh gehörte), äusserte sich auch Günthart immer wieder in landwirtschaftlichen Periodika, um die Erfahrungen praktischer Landwirte in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Besonders relevant sind seine Ausführungen zum Mensch-(Nutz)tier Verhältnis. Eine Beschreibung seines landwirtschaftlichen Werdeganges gibt Günthart in seinem Buch 'Aus meinem Bauernleben', das 1956 erschien. Er starb am Tag seines 84. Geburtstags 1964 zuhause in Dällikon.
Autor: Peter Moser
Quellen und Literatur
Eigene Publikationen
- Aus meinem Bauernleben, Basel, 1956
- Aus der Brüderhof-Chronik, in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, 03.04.1953, S. 359-385 (mit zahlreichen Bildern)
- Eine neue Religion für Bauern, in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, 1953, S. 19-20
- Gegen die Milchschwemme, in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, 1951, S. 470-471
- Melkbüchlein für Schweizerische Verhältnisse, ab Auflage 4, 1942 (zusammen mit Ackeret, Robert (1889-1937)--DB13 und Kästli, Paul (1902-1984)--DB1848)
- Über das Gedächtnis des Rindes und seine Verwertung bei der Zugarbeit, in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift (Die Grüne), 1941, S. 642-644
- Vom Überlegen bei der Waldarbeit, in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, 1939, S. 6-9
- Die Erziehung des Rindes zum Zuge, in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, 1938, S. 137-146 (mit Bildern)
- Die Kraftentwicklung des Rindes, in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, 1938, S. 615-617 (mit einer Abbildung; als Erwiderung auf den Artikel 'Kummet oder Joch?' von Wenger, Hans (1908-1976)--DB3778 in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, 1938, S. 546-551)
- Das Rind, unsere Kraftreserve zur Zeit internationaler Wirren, in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift, 1937, S. 513-515
- Elektrizität und Landwirtschaftliche Erfahrungen und Anregungen eines praktischen Landwirts, Zürich, 1936
- Die Erziehung und berufliche Ausbildung der bäuerlichen Jugend in Haus und Schule, in: SLM, 1933, S. 82-95
- Die Verwertung der Ergebnisse der Leistungsprüfungen in der schweizerischen Rindviehzucht, in: 75 Jahre Strickhof, Zürich, 1928, S. 25-38
- Die Melkmaschine der Neuzeit, in: die Grüne, 1925, S. 923f
Quellen
- AfA Personendossier Nr. 786
- Hermann Wahlen, Alois Günthart (1880-1964), in: Schweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift (Die Grüne), 1965, S. 3-12 und 20-22
- Peter Moser, Über die Erziehung der Kühe und Zuchtstiere zur Arbeit, in: Wege und Geschichte, 2015
- Peter Moser, Juri Auderset, Von den Hofchroniken zu Archiv-Netzwerken als Grundlage moderner Betriebsgeschichten, in: André Salathé, Nathalie Kolb Beck (Hrsg.), Hofbetrieb. Leben und Arbeiten auf den Thurgauer Landwirtschaftsbetrieben Bleihof, Wittershausen und Schloss Gündelhart im Wandel der Zeit, Frauenfeld, 2007
- Peter Moser, Wigger Andreas, Arbeitende Tiere. Akteure der Modernisierung sichtbar machen, Video Essays in Rural History 1, 2022 (vgl. https://www.histoirerurale.ch/redirect/getURL.php?id=441)
Schlagworte
Suisse - SchweizKanton ZürichLandwirtschaftliche Schule StrickhofSchweizerische Landwirtschaftliche Zeitschrift (Die Grüne)Landwirtschaftliche MonatshefteAkademisch-Landwirtschaftlicher Verein an der ETH Zürich